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Polizei
Wasserleiche
Autor: Ludwig Eulenlehner
Eingestellt am: 12.10.2006
Seite 2 von 2

Schon eine Woche später sind wir wieder am See. Das Wetter ist ideal. Es ist nicht mehr so kalt, kein Wind, keine Wellen. Es ist herrlich still. Nur unser Motor brummt unaufhörlich hinter uns. Einen halben Tag lang fahren wir nun schon unsere Längen ab. Obwohl das Wasser dank der Kälte kaum Schwebstoffe aufweist, und die Sicht sehr gut ist, ist nichts Verwertbares zu entdecken. Die Augen beginnen durch das ständige Starren auf den Bildschirm zu tränen. Auch die Abgase des Motors im Heck haben ihren Anteil daran. Die Arbeit erscheint monoton und doch ist eine gewisse Anspannung immer vorhanden.
Unwirklich erscheint der Teil einer Taucherflosse am Bildrand. Schwarz und etwas unheimlich. Ist er das? Mathias und ich sehen uns an. "Langsamer"! sagt er. Der Bootsführer reagiert sofort und fixiert die Koordinaten. Die Konturen einer Taucherflasche erscheinen. Der Vermisste!
Ohne Hektik, in logischer Abfolge, werden die Kommandos an Bord gegeben. Wie tief? Hast du die genaue Lage? Verständige die Kollegen am Ufer! - Alles läuft. "Könnt ihr ihn bergen?" kommt die Frage vom Land. "Wir versuchen es!"
Der Greifer an der Kamera kommt zu Einsatz! Jede Bewegung des Bootes überträgt sich über das Halteseil auf den Greifhaken. Jede Veränderung der Sitzposition könnte den Versuch scheitern lassen. Die Anspannung steigt. Schaffen wir es, den Haltehaken am Flaschenventil einzuklinken?
Mathias versucht über zwei kleine Propeller an der Videokamera den Haltemechanismus an den Fixierpunkt der Tauchflasche zu steuern. Wir vergessen alles um uns herum. Und es klappt tatsächlich! Die Klammer schnappt zu. Wir haben den Taucher an der Halterung. Das schwierigste scheint geschafft. Die Anspannung lässt nach.
Es folgt der zweite Teil der Bergung. Langsam, ohne ruckartige Bewegungen, wird der Taucher aus über 65 Metern Tiefe nach oben gezogen. Der Kollege an Fixierseil arbeitet so behutsam wie möglich. Eine unbedachte Bewegung könnte die Verbindung am Haltepunkt lösen und die gesamten Anstrengungen wären vergebens gewesen.
Während dieser Zeit fährt das zweite Boot vom Ufer aus mit unseren Polizeitauchern in unsere Richtung - die letzten 20 Meter sehr langsam, um Wellenschlag zu vermeiden. All zu tief kann der Leichnam des Tauchers nicht mehr unter uns sein. Blasen steigen auf. Den Geruch, der sich um uns verbreitet, werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Trotzdem wird keinem von uns übel, aber jeder kämpft mit sich. Der Vermisste erscheint an der Oberfläche. Langsam gleiten unsere Taucher ins Wasser. Sie schwimmen zu dem Verunglückten, fixieren ihn noch einmal mit einer Leine und bringen ihn zum Boot.
Durch seine Taucherbrille ist sein Gesicht zu erkennen. Er sieht aus wie ein Schlafender. Ihn an Bord zu bringen ist nicht möglich. So wird er längsseits, außenbords am Boot befestigt und unter langsamer Fahrt zu unserm Stützpunkt an Land gebracht. Der dort wartende Staatsanwalt und die Spurensicherung beginnen ihre Arbeit. Nach geraumer Zeit transportiert ein Leichenwagen den Verunglückten zur Rechtsmedizin.
Endlich haben die Angehörigen Gewissheit.


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