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Verzweifelte Suche
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Autor: Bodo Doering Eingestellt am: 01.08.2006
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"Gehen wir nochmals alles durch, was wir bisher durchsucht haben," schlug ich vor, um weiterhin behilflich zu sein und um überhaupt etwas zu sagen. Ich wusste auch nicht mehr, wie ich mit irgendeiner neuen Idee noch helfen konnte. Wir zählten zum x-ten Male auf, wo und was wir alles durchsucht hatten.
Mein Blick fiel dabei auf ein Holzhäuschen mit drei Türen, hinten im Hof, das als Toilettenanlage diente, und das wir als simples Plumpsklo definieren konnten, ohne dort verdächtige Momente erkennen zu können. Dann fiel mir vor den Aborten eine im Boden eingelassene eiserne Abdeckung auf, unter der sich offenkundig die Fäkaliengrube befand.
"Da müsste man noch nachsehen, Herr Laubach, vielleicht ist das unsere letzte Möglichkeit!"
"Veranlasse du das, Ulf, ich bekomme nichts mehr zusammen, ich bin wirklich fertig, mein Kopf..."
Es war Freitagnachmittag. Und deshalb gelang es mir erst nach mehreren vergeblichen Anläufen, ein Entsorgungsunternehmen für Klär- und Sickergruben ausfindig zu machen, das sich bereit erklärte, so kurz vor dem Wochenende die Klärgrube noch auszupumpen, natürlich nur gegen Aufpreis.
Langsam rollte der Entsorgungswagen rückwärts in das Hofgelände. Der Fahrer öffnete den Grubendeckel und eine fast volle Grube wurde sichtbar. Während Laubach und ich ihm zusahen, zog er sich lange Gummihandschuhe an und schaltete die Pumpe am Fahrzeug ein. Dann senkte er den dicken Absaugschlauch in die Grube und ließ den Motor des schweren Wagens schneller laufen. Am Rand der Grube stehend saugte er vorsichtig einen Teil der breiigen und übel stinkenden Masse ab. Lisa Kunze und Paul Hofer schauten teilnahmslos zu, sie rauchten.
Als die Grube um fast einen Meter geleert war, wurden an der Grubenwand die Zulaufrohre der drei Aborte sichtbar. Die zwei äußeren waren erkennbar frei, während das mittlere verstopft erschien.
Der Fahrer zog sich nun eine lange Gummistiefelhose an, wie sie manche Angler auch benutzen, dann ließ er sich in die Grube gleiten und stand bis zum Gesäß in der Fäkalienbrühe.
Langsam zog er an einem Stoffbündel, das er behutsam aus dem mittleren Zuflussrohr holte. Das Bündel legte er auf den Rand der Grube und öffnete es auf mein Geheiß.
Der nackte und stark verschmutzte Körper eines Kleinkindes, eines Jungen, wurde sichtbar. Der kleine Leichnam zeigte bereits erhebliche Zersetzungserscheinungen. Laubach stand am Zaun zum Nachbargrundstück, er schien sich dort regelrecht festzuhalten, sein Gesicht nur Maske.
Betroffenes Schweigen unter uns Umherstehenden. Was jetzt zu sehen war, musste erst einmal begriffen werden. Wie kam das Kind in die Abortröhre und warum?
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"Ich entschloß mich von dem Standpunkt meiner eigenen
Erfahrungen zu schreiben, von dem was ich wusste und was ich
fühlte. Und das war meine Rettung...
... Was ist Original? Alles was wir tun, alles was wir
Denken existiert bereits und wir sind nur Vermittler. Das ist
alles. Wir machen von dem Gebrauch was bereits in der Luft ist."
Henry Miller, aus einem Interview in den 60-iger Jahren
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