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Die Bürde mit der Würde
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Autor: Eingestellt am: 06.09.2004
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Seite 4 von 7 Er spitzte seine Kollegen thematisch an, motivierte sie zur Mithilfe, zur Suche nach einer Haftzelle in einer Justizvollzugsanstalt. Er telefonierte und telefonierte und schickte Fernschreiben an die Bezirksregierung, insistierte, schilderte die Lage, seine Bedenken, fiel seinen Gesprächspartner lästig durch die wiederholten Nachfragen. Er wollte nicht tatenlos und sehenden Auges die verfassungswidrige Verletzung der Menschenwürde hinnehmen. Er sah sich als Teil der staatlichen Verwaltung, welche durch verschlafene Missorganisation diese Lage hatte entstehen lassen. Er wollte daher alles tun, um diese unwürdige Unterbringung, deren Ende nicht verfügt worden war, zu beenden.
Am Freitag begann der Zellenaufenthalt des Angolaners. Es folgte ein Wochenende mit allbekannten „Stillstand der Rechtspflege“ und der Verwaltung. In den nächsten sechzig Stunden würde sich niemand um verletzte Menschenrechte und die Schlechtbehandlung eines Angolaners kümmern. Dessen Schicksal würde nicht einmal mehr zur Kenntnis genommen. Der Schübling war untergebracht und konnte in der Zelle mit hoheitlicher Billigung im Beton Wurzeln schlagen.
Als der Urlauber Schlosser am Montag die Lage in seiner Dienststelle prüfte, hatte sich nichts verändert. Die Kollegen hatten weisungsgemäß die von ihm gewünschte Telephonage fortgesetzt. Über die Polizei in Landau hinaus hatte aber am Wochenende kein Staatsdiener in der Hierarchie an den Inhaftierten aus Angola gedacht. Dessen Freilassung war vorsorglicher Weise fernschriftlich ausdrücklich verboten worden. Es konnten Wochen vergehen, bis die Haftbeschwerde des Rechtsanwaltes erfolgreich sein würde. Der Rechtsanwalt hatte noch am Samstag für Presseveröffentlichung zu Gunsten seines Mandanten gesorgt. Das Ausländeramt hatte eine Aufhebung des Haftbefehls – etwa mit Rücksicht auf die menschenunwürdige Unterbringung des Afrikaners – nicht beantragt. Die Missachtung des Menschen sollte also weitergehen. Den eklatanten Verfassungsbruch wollte Schlosser nicht tatenlos hinnehmen.
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(19.03.2024)
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"Ich entschloß mich von dem Standpunkt meiner eigenen
Erfahrungen zu schreiben, von dem was ich wusste und was ich
fühlte. Und das war meine Rettung...
... Was ist Original? Alles was wir tun, alles was wir
Denken existiert bereits und wir sind nur Vermittler. Das ist
alles. Wir machen von dem Gebrauch was bereits in der Luft ist."
Henry Miller, aus einem Interview in den 60-iger Jahren
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